30. April 2024Jungmeister bezeichnen Bürokratielast als Haupt-Gründungsproblem
Moratorium gefordert
Weniger als jeder zweite Teilnehmer an ein einer Meisterprüfung im Handwerk im größten Kammerbezirk des Landes Düsseldorf Rhein-Ruhr-Wupper (49 %) will augenblicklich ein eigenes Handwerksunternehmen gründen oder die Nachfolge in einer bereits bestehenden Firma antreten – oder hat sich bereits selbstständig gemacht. Im langjährigen Durchschnitt der jährlichen Abfrage der HWK unter den Absolventen der Aufstiegs-fortbildung liegt der Wert der Gründungsbereitschaft über 50 Prozent. Im Vorjahr hatten gar noch 67 Prozent der damaligen Meisterabsolvierenden diese Absicht bekundet oder bereits verwirklicht. Weitere knapp 29 Prozent der aktuellen Jungmeister halten sich die Frage einer späteren Existenzgründung momentan noch offen. Die Zahlen entstammen einer Umfrage der HWK unter allen 990 Absolventen der Meisterschulen in den 30 Meisterberufen ihrer Akademie; jeder vierte Befragte antwortete (Rücklaufquote: 24,5%).
Vor allem zwei sich rasch zuspitzende Rahmenbedingungen hemmen derzeit die üblicherweise hohe Gründungsbereitschaft unter meisterqualifizierten Handwerkern: die bürokratischen Anforderungen, die auf kleinen und mittleren Unternehmen lasten, und der Fachkräftemangel. Die Jungmeisterinnen und Jungmeister im HWK-Bezirk Düsseldorf des Jahres 2023 bezeichnen beide Faktoren als aktuell die mit Abstand größten Herausforderungen für eine berufliche Selbstständigkeit:
- 58,6 % der Befragten teilen die Sorge, für den in der Start- und Existenzfestigungsphase anstehenden Personalbedarf keine Mitarbeiter finden zu können.
- Der einzukalkulierende Umfang an bürokratischen Auflagen schreckt 58,1 Prozent der Jungmeister. In freier Angabe genannt werden unter anderem wachsende Handlungs- und Dokumentationspflichten aus Verpackungsgesetz, Abfallrecht, Produktnachverfolgung oder Datenschutzrecht.
- Bei einer vergleichbaren Umfrage im Meisterprüfungsjahrgang 2008 im Kammerbezirk Düsseldorf hatten nur halb so viele der damaligen Absolventen (30,2 %) die administrative Belastung („hohe rechtliche Auflagen und Bürokratie“) als Gründungshemmnis angegeben.
- Darüber hinaus treibt viele Absolvierende der „Unternehmerschule“ des Handwerks aktuell die hohe Besteuerung eines Betriebs in Deutschland (42 Prozent: „größte Herausforderung“) um, auch die Höhe der Sozialabgaben (22 Prozent), schwierige Finanzierungsbedingungen (21 Prozent) sowie die hohen Energiekosten (18 Prozent) werden als zu bewältigende Probleme verbreitet benannt.
Infolgedessen beurteilt jede zweite Jungmeisterin oder Jungmeister die derzeitigen Voraussetzungen, um im Handwerk ein Start-up zu gründen oder einen Betrieb zu übernehmen, lediglich als „mäßig“.
„Das Bild dieser Umfrage erhärtet die Annahme, dass der Unternehmensbestand in Handwerk und Mittelstand auszuzehren droht, wenn gutqualifizierte Fachkräfte angesichts der in den letzten Jahren weiter gestiegenen betrieblichen Bürokratiebelastung das Risiko einer Existenzgründung und Unternehmensnachfolge vermehrt scheuen sollten. Die Bürokratieabbau- und Entfesselungspakete auf Bundes- und Landesebene der letzten Jahre verfangen nicht ausreichend. Es braucht ein Moratorium zur Entrümpelung und Vereinfachung von Vorschriften, und deutlich mehr Vertrauen der Regierenden in die Kompetenz und Eigenverantwortung der Unternehmerinnen und Unternehmer,“ schlussfolgerte Kammerchef Andreas Ehlert, der auch Präsident der Landeshandwerksvertretung HANDWERK.NRW ist, bei einem Pressegespräch im Vorfeld der 75. Meisterfeier der HWK aus den Umfrage-Ergebnissen.