Aus der PraxisVertrauen und Verantwortung
Mit wenigen Worten zu erklären, was er beruflich macht, ist für Nils Rebel gar nicht so einfach. Denn der Bildungsweg, den er durchläuft, ist etwas Besonderes: erst die Ausbildung (zum Tischler), dann die Meisterschule und schließlich der Bachelor „Handwerksmanagement“, erworben an der Hochschule Niederrhein. Das Ganze heißt „Triales Studium“ und wurde 2015 von Hochschule, Handwerkskammer und Kreishandwerkerschaft ins Leben gerufen. Rebel befindet sich in der letzten Phase, Bachelorarbeit und Studienabschluss hat er bis zum Jahresende angepeilt. Ganz klar, diese Herausforderung ist nicht für jede oder jeden geeignet, sondern es muss schon eine klare Vorstellung und dazu den Durchhaltewillen geben, um die anspruchsvolle Aus- und Weiterbildung erfolgreich abzuschließen. Das sagt auch Daniel Heller, Geschäftsführer der Schreinerei Karl Heller, in der der triale Student seit 2016 beschäftigt ist.
Nils Rebel hatte schon vor Beginn der Ausbildung weitere Schritte im Kopf – etwa mittelfristig von der praktischen zur Bürotätigkeit zu wechseln. Bereits während der direkt angeschlossenen Meisterfortbildung und in der Studienphase nutzt er konsequent die erworbenen Kenntnisse, um sie direkt im Betrieb einzusetzen. Derzeit übernimmt er keine auftragsbezogenen Aufgaben, sondern arbeitet an unterschiedlichen Projekten vom strategischen Einkauf bis zu sicherheitsrelevanten Verbesserungen. Die Konzentration auf Digitalisierung, Personalwesen, Beschaffung oder ganz allgemein Prozessoptimierung ergab sich im Laufe der Zeit fast „von selbst“ durch die kaufmännischen und organisatorischen Studieninhalte. Dass er sich auch privat für technischen Fortschritt begeistert, ist dabei natürlich nicht hinderlich …
Den Meister, den Nils Rebel seit dem letzten Jahr schon in der Tasche hat, hat er sogar berufsbegleitend gemacht. Das war – mit 2-3 Mal Meisterschule und freitags/samstags Uni – „nicht ohne“, wie auch sein Chef anerkennend bestätigt. Sonderregelungen gab es fast keine. Ansporn für Rebel war neben dem persönlichen „Reifungsprozess“ vor allem, den Einblick in den betrieblichen Alltag beizubehalten („man ist nicht raus“). Der 25-Jährige setzt damit perfekt um, was die große Chance des trialen Bildungsgangs ist: nicht nur theoretisch lernen, sondern parallel schon praktisch mitgestalten. So ergeben sich Vorteile für beide Seiten – die angehende Führungskraft und das Unternehmen – wenn beide gewillt sind, das zusammen durchzuziehen. So drückt es Daniel Heller, der die Tischlerei seit 2018 in dritter Generation weiterführt, aus. Das schließt einen großen Vertrauensvorschuss von Seiten des Betriebs ein und die Bereitschaft des Mitarbeiters, diesem auch gerecht zu werden und Verantwortung zu übernehmen.
Neue Wege gegen den Fachkräftemangel
Heller, der eine ähnliche Entwicklung über Ausbildung und Fortbildung zum Meister sowie zum Betriebswirt des Handwerks genommen hat, will „in Veränderungen investieren“. Ganz so, wie es dem Selbstverständnis des Unternehmens entspricht: Altes Handwerk, neue Wege. Sein Vater Jürgen Heller ist seit langem Lehrlingswart der Düsseldorfer Tischler-Innung – da wäre es verwunderlich, wenn man das Thema Berufsbildung nicht „voll unterstützen“ würde, lächelt der Junior. Doch die Überlegungen gehen weit darüber hinaus – hin zu Aufgaben, die heute vielleicht noch gar nicht abzusehen sind, aber für ein Unternehmen, dass in Zukunft noch wachsen will, wichtig werden: „Wir sind als Betrieb mit rund 20 Mitarbeitenden an einem Punkt, wo wir Führungsaufgaben aufteilen müssen, um modernes Arbeiten zu ermöglichen.“ Wo die Kommunikation intern und nach außen anders aufgestellt sein muss als bei einer „kleinen Tischlerei“. „Und wir müssen in den nächsten Jahren fünf Leute ersetzen.“ Derzeit sei die Schreinerei in Düsseldorf „gut positioniert“ – das heißt, „noch“ müsse man sich über die Attraktivität für potentielle Azubis noch keine Sorgen machen. Trotzdem sei klar, dass in Zukunft die Personalsituation der „alles entscheidende“ Faktor sei, um einen Betrieb dieser Größe erfolgreich weiterzuführen. Ziel sei also, die passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst aus- und später auch adäquat fortzubilden.
Die Firma im Düsseldorfer Süden verfügt über modernste Maschinen; schiere Größe (2.000 qm Fläche über zwei Etagen) und Traglast der Räumlichkeiten bedingen optimale Produktionsmöglichkeiten, Lager- wie Transportkapazitäten. Technik und Software sind auf dem neuesten Stand. Und müssen, um Prozesse (weiter) zu digitalisieren, entsprechend eingerichtet werden. Konkrete Veränderungen kommen in allen Bereichen zum Tragen, ob bei der Zeiterfassung, der Wareneingangskontrolle oder dem elektronischen Rechnungseingang. Es wurde ein Kanban-Lagersystem eingeführt, und mehr als 60 Prozent der Auftragsorganisation erfolgt bereits digital. „Direkte Maschinenanbindung bedeutet, dass wir schneller zeichnen und Maschinen besser auslasten können“, erklärt Nils Rebel beim Rundgang durch die großzügigen Werkstatträume.
Innovation heißt das Schlüsselwort. Wie etwa beim Einsatz neuer Werkstoffe. Gerade bei gewerblichen Aufträgen im Innenausbau, für Restaurants, Hotels oder Firmen, gibt es Raum für kreative Ideen. Das bedingt einerseits, die Mitarbeitenden durch Anwenderschulung weiterzubilden, um die Vielfalt moderner Materialien zu nutzen. Andererseits gibt es bei größeren Projekten mehr Beteiligte und vielfältige Kontakte, auf die man sich einstellen muss. Dabei immer wieder spannend: der Abgleich zwischen dem, was der Architekt sich vorstellt und der praktischen Umsetzung. Kurz: eine Branche, die viele Anreize bietet. Auch über die Faszination des Handwerklichen hinaus, die beide – Nils Rebel wie auch sein Chef – jedoch nicht missen möchten: ob der Tischlermeister verdeutlicht: „Zwei Türen weiter – und ich stehe mitten in der Werkstatt“ oder Daniel Heller über den Tischlerberuf spricht und den Werkstoff Holz, den man „riecht, sieht, fühlt.“
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